„Das verzeihe ich Dir nie!“
15.09.2023
Wann sagt man so etwas?
Ich glaube dieser Satz ist am ehesten im Familien- und Beziehungskontext zu Hause. Man hört ihn in zerstrittenen Familien, von ehemaligen Partnern und nicht selten gibt es Geschwister, die nicht miteinander reden und sich unversöhnlich aus dem Wege gehen.
Überall dort, wo Menschen sich nahe sind und sich lieben, können sie sich auch sehr wehtun. Je näher sich Menschen kommen, desto tiefer können auch die Wunden sein. Der Satz „Das verzeihe ich Dir nie!“ ist natürlich extrem. Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon mal diesen Satz ausgesprochen hat.
Anders ist es mit der Vergebung. Sie ist für die meisten von uns keine graue Theorie – viele von uns können darüber erzählen: über gelungene, aber auch über gescheiterte Vergebung. Schuld und Vergebung sind immer prägend für uns Menschen – wie auch zu biblischen Zeiten.
Wie ist Vergebung eigentlich im biblischen Sinn gemeint? In der Bibel wird uns auf vielen Seiten die gute Nachricht verkündet, dass Gott jederzeit bereit ist uns unsere Vergehen zu vergeben. Dabei geht es in erster Linie um die Heilung der Beziehung des Menschen zu Gott, um eine Neuausrichtung auf Gott. Schuld bedeutet biblisch, dass eine Beziehungsstörung vorliegt zwischen Gott und mir.
Vergebung ist in der Bibel zuallererst ein Handeln Gottes an uns. Er will ausräumen, was zwischen ihm und uns steht. Gott will uns immer wieder mit sich versöhnen und die zerbrochene Gemeinschaft mit uns wiederherstellen.
Das Ziel der Vergebung Gottes ist also eine heile Beziehung der Menschen zu Gott. Damit beginnt unser Christsein – die Gnade Gottes immer wieder anzunehmen. Ich brauche es immer wieder, dass Gott mich liebevoll auf sich und seiner Liebe ausrichtet. Das ist Vergebung.
„Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“ Diese Bitte aus dem „Vater unser“ verbindet die Bitte um Gottes Vergebung mit unserer Selbstverpflichtung auch anderen zu vergeben.
Es soll nicht gelten: Wie du mir, so ich dir. Sondern: Wie Gott mir, so ich dir. Wie Jesus mir – so ich Dir!
Denn Vergebung ist für jeden selbst, auch für denjenigen, der vergibt, eine Wohltat, die befreit und glücklich macht.
Ihr Diakon
Hermann-Josef Bowe
Bild: Johannes Simon In: Pfarrbriefservice.de